Straßburg 1999

Am 15. Oktober versammelten sich um die Mittagszeit 15 Sunshiner bei strahlender Oktober-Sonne in der BTHC-Gastronomie, um sich umgehend (wirklich?) in Ulli’s Reisebus zu begeben (der hieß wirklich so). Übrigens, ein Bus mit 25 Sitzplätzen - oder waren es 26?

Es war wieder soweit. 7.845 Tage nach der Gründungsreise im April 1978 nach Ramsgate führte die 12. Sunshiner-Tour (ja ja, ihr lieben Chronisten) nicht nach Spanien, Irland, Schottland, Österreich/Ungarn, Belgien, Schweiz, Tschechien (hieß früher auch anders), Italien (2-mal) oder wieder Schottland, sondern in die europäische Weinkulturlandschaft. Kennern der Materie ist das Ziel sofort bekannt, für weniger Kundige ist es sowieso egal.

Bereits auf der Braunschweiger Südtangente wurden die ersten Karten gelesen. Erstmals eingeführt wurde diesmal der Abschluss von Beraterverträgen („Alle Achtung“), was den anderen Kartenlesern in ihrer Entfaltung sehr gelegen kam. Ob sich dieses Modell in Zukunft bewährt, muss nach den ersten Erfahrungen mehr als angezweifelt werden.

Dank der umfangreichen an Bord vorhandenen Vorräte ging es ohne Essens- oder Pinkelpausen (wir hatten ja Platz 26) nach Deidesheim, wo uns der Hatterer Hof für die ersten beiden Nächte ein Dach über dem Kopf bot. Am Abend erfolgten bei einheimischen Speisen und Getränken erste taktische Anweisungen der kommenden sportlichen Aufgaben. Nicht gesondert zu erwähnen ist, dass unser Finanzminister wie im richtigen Leben schon beträchtliche Unterdeckungen auf sich zukommen sah und frühzeitig zum Aufbruch drängte.

Morgendliche Spaziergänger entdeckten eher zufällig Mona Lisa, allerdings war der Besuch derselben wegen der Kürze der Zeit nicht möglich. Stattdessen ging es über Neustadt an der Weinstraße („Augen links“) durch Weinhänge zum Hambacher Schloss - es gilt als die Wiege der Deutschen Demokratie - wo uns durch eine vorzügliche Führung die deutsche Geschichte wieder in Erinnerung gerufen wurde. Erste Proben des neuen Weins machten die Runde, waren aber nicht jedermanns Geschmack.

Die langjährigen Kontakte des Größten der Kleinen ermöglichte es uns, am Nachmittag gegen den vielfachen Deutschen Hockeymeister der letzten Jahre aufzulaufen, den Hockey-Club von Bad Dürkheim. 0 : 1; 0 : 2 .... es sah gar nicht gut aus. Aber dann hatte der erste Mann auf dem Platz alle wichtigen Teile wie Schienen, Handschuhe und Helm soweit befestigt, dass in einmaliger Weise das Spiel noch umgebogen wurde. (Lieber Lemmi, bring für die nächste Zugreise unbedingt Hammer und Schraubenzieher mit.) Mit dem Schlusspfiff stand es 3 : 2, was selbst ein Mitspieler, der ständig im Angriffszentrum zu finden war, nicht mitbekommen hatte („stand es nicht 3 : 3 ?“). Der Abend stand dann ganz im Zeichen eines typischen Dorfweinfestes, wo an Holzbänken und -tischen der örtliche Rebensaft neben Bratwürsten (manche konnten gar nicht genug davon bekommen) genossen wurde. Neben alten Bekannten (Koli aus München lässt grüßen) wurden auch neue familiäre Banden geknüpft. Dies musste zwangsläufig Folgen für den nächsten Tag haben.

Sonntag morgen - Kirchengeläut. Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen gerade über dem Gefrierpunkt ging es weiter nach Speyer. Auf dem Platz angekommen, duschten zwei bereits vor dem Spiel, einer hatte Mumps und lief mit geöffneten Beinen über den Platz. Betrachtet man die letzten zehn Minuten des Spiels, haben wir uns mit einem leistungsgerechten Unentschieden (2 : 2) von den Speyerern getrennt, die uns nach dem Spiel damit trösteten, dass schon ganz andere Mannschaften - gespickt mit Nationalspielern - hier verloren haben. Nach der Besichtigung des Doms zu Speyer wurden wieder die Karten gelesen, denn der Weg nach Straßburg musste erst einmal gefunden werden.

Straßburg, diese schöne Stadt an der Ill mit dem einturmigen Münster, und gegenüber unser Hotel Cathédral. Am Abend war Ausgang in Etikette angesagt - oder doch nicht? Gott sei Dank lag das Restaurant direkt neben dem Hotel. Vor und beim Abendessen kam es zu ersten Ermüdungserscheinungen, die nur durch eiserne Gesichtsmassage teilweise überwunden werden konnten („Ein Freund, ...“).

Der Montag stand zunächst ganz im Kennenlernen der Stadt Straßburg mit seinem Münster und der Altstadt. Eine Kennerin der Stadt zeigte uns viele wichtige Einzelheiten, die einem oberflächlichen Betrachter nur allzu schnell verborgen bleiben. Nach einem so anstrengenden Stadtrundgang war der Weg ins nächste Restaurant kaum zu verweigern, Essen à la carte war angesagt. „Was ist das denn???!!!“ wurde für den Rest der Reise ein geflügeltes Wort. Der prall gefüllten Brieftasche unseres Finanzministers (wer erinnert sich nicht an das Zählen der Scheine im eisigen Wind?) verdankten wir ein musikalisch unterlegtes Mehrgängemenü.

Im Nachtspiel gegen die Straßburger Auswahlmannschaft (Begrüßung eines Mitspielers: „Du kannst ruhig Opa zu mir sagen“) gingen wir früh mit 1 : 0 in Führung, der Rest der Begegnung war wegen der rasch zunehmenden Verfinsterung nicht mehr so genau zu verfolgen, obwohl ein Mitspieler auf Anerkennung seiner klaren Leistungssteigerung bestand. Nach dem Spiel plauschten les Présidents über die unterschiedlichen Mitgliederstrukturen beider Vereine (35 voll zahlende Mitglieder in Straßburg), andere wiederum übten sich im Kopfrechnen oder wollten ihr mathematisches Talent unter Beweis stellen (Ist A x B = B x A ??), und dies kurz vor Mitternacht.

Am Dienstag ging es nach einer ausführlichen Besehung („die Augen links“) der Europäischen Parlamentsgebäude über Colmar, wo uns die Altstadt („die Augen links“) wegen des unglücklichen Straßenbaus verborgen blieb, nach St. Hippolyte, einem kleinen Weindorf am Fuße der Vogesen. Hier stand als Abschluss die Weinprobe bei Jacques Iltis auf dem Programm, wobei die eine oder andere Flasche auch unvorgesehene Wege ging - nicht wahr Herr ...? Den Abend verbrachten wir in einem kleinen Lokal unweit des Hotels, denn das Laufen war mittlerweile zu einer mittleren Tortur geworden. Und wieder hatte unser Finanzminister für ein reichliches Musikprogramm gesorgt, welches fern der Heimat Heimweh mit bekannten einheimischen Volksliedern erst gar nicht aufkommen ließ.

Zum Abschluss noch ein paar Zeilen zu den Ereignissen, die solche Reisen auch unvergesslich machen. So hörte man von manchen Mitreisenden längere Zeit gar nichts, so dass regelmäßig nachgezählt werden musste, ob noch alle an Bord sind. Sie fielen dann aber um so mehr durch ihre prägnanten, kurz gehalten Fachbeiträge auf. Hochbegabte Fremdsprachenkünstler weilten in unserer Mitte, so das kurze, aber prägnante „Rouge“ (will heißen: Ich möchte gerne noch eine kleine Karaffe Rotwein bestellen) oder „dog krumme“ (gesprochen dog krüm), eine umgangssprachliche Beschreibung für krummer Hund. Auch Übungen in Zungenakrobatik wurden zelebriert, nicht wahr, du edler Sp....er? Dass viel gelaufen wurde, versteht sich von selbst. Dass man sich aber eine Zerrung im Stehen zuzieht, bedarf schon der gesonderten Erwähnung.

Auf ins nächste Jahrtausend. Bereits am Tag der Rückkehr wurden zwei hoffnungsvolle Jungtalente für die kommende Sunshiner-Reise verpflichtet. Da erhebt sich nur die Frage, ob der Vater dann noch mitfährt oder lieber gleich ins sonnige Griechenland flüchtet?
 

Die Sunshiner im BTHC

Das sind:
Diddi K., Werner B., Pit W., Fritze B., Jochen C., Williii T., Uli N., Huschel N., Reinhard W., Manne Sch., Bancero J., Günter B., Jan K., Wilhelm MD., Olaf P.
 
erschienen in der Clubnachrichten-Ausgabe 2/99