» EMV:
Die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) hat in den letzten
Jahrzehnten einen großen Bedeutungswandel erfahren und steht für
eine seit ihrem Bestehen ständig wachsende Problematik. Früher
waren Funkstörungen und ihre Kontrolle das klassische Anwendungsfeld,
heute werden Begriffe wie Netzrückwirkungen, 50-Hz-Brumm, Überspannungen
und Erdschleifen mit EMV in Verbindung gebracht. Unter EMV fallen alle
ungewollten elektromagnetischen Beeinflussungen, die den normalen Betrieb
von Geräten, Anlagen oder Systemen stören. Mittlerweile hat sich die EMV mit ihren zwei großen Teilaspekten,
Störfestigkeit auf der einen und Störemission auf der anderen
Seite, zu einer eigenen Wissenschaft mit interdisziplinärem Charakter
entwickelt und umfasst sowohl Erfahrungs- und Lern- als auch absolutes
Spezialwissen.
» Die EMV-Definition:
Unter Elektromagnetischer Verträglichkeit versteht man die Fähigkeit
einer elektrischen Einrichtung, in ihrer elektromagnetischen Umgebung zufrieden
stellend zu funktionieren, ohne diese Umgebung, zu der auch andere Einrichtungen
gehören, unzulässig zu beeinflussen. Ein Bauteil, eine Komponente oder ein Gerät sind also elektromagnetisch
verträglich, wenn in der Funktion als Sender eine tolerierbare Emission
bezüglich der Störausstrahlung nicht überschritten wird
und als Empfänger eine ausreichende Immission, also Störfestigkeit,
gegeben ist. Elektromagnetische Beeinflussungen (EMB) können zu Funktionsminderungen
oder -störungen führen. Knackstörungen beim Rundfunkempfang
durch Schaltvorgänge im Haushalt sind beispielsweise reversible Störungen,
während Zerstörungen elektronischer Komponenten auf Leiterplatten
als irreversible Störungen bezeichnet werden. EMB im Allgemeinen sind
als Einwirkung elektromagnetischer Größen auf Stromkreise, Geräte,
Systeme oder Lebewesen definiert.
» Die Gründe für EMV:
Zurückzuführen ist die wachsende EMV-Problematik auf den
vermehrten Einsatz von Mikroelektronik in Automatisierungssystemen, Kraftfahrzeugen,
Haushalts- und Telekommunikationsgeräten. Sie wird anfälliger
gegen Störkopplungen, weil immer empfindlichere Halbleitertypen mit
immer niedrigeren Logikpegeln eingesetzt werden, hohe Vernetzungsgrade
mehr Kopplungspfade begünstigen und immer schneller werdende Systeme
nicht mehr in der Lage sind, über kurzzeitige Störungen hinweg
zu integrieren. Zudem ist aber auch die allgemeine elektromagnetische Umweltbelastung
durch hochfrequente Nachrichtenübertragung, z. B. in Form der Mobilfunktelefonie,
gestiegen. Da geometrische Abmessungen von Schaltungen immer öfter
in Größenordnungen der verwendeten oder vorherrschenden Wellenlänge
liegen, kommt es zu ungewollten Abstrahlungen bzw. unerwünschten Einkopplungen
elektromagnetischer Felder.
Um Funktionsausfälle von Geräten und Systemen, insbesondere
sicherheitsrelevanter Techniken, zu vermeiden, hat der Gesetzgeber Normen
festgelegt, die mittlerweile von allen elektrischen und elektronischen
Geräten, die auf den Markt kommen, eingehalten werden müssen.
Die Prüflinge dürfen sowohl bei Störfestigkeits- wie auch
bei Störemissionsmessungen festgelegte Grenzwerte nicht überschreiten.
» Das EMV-Gesetz:
Für den Abbau von Handelshemmnissen innerhalb der Mitgliedsstaaten
der Europäischen Union (EU) sind vor ein paar Jahren zur Realisierung
des europäischen Binnenmarktes eine Reihe wichtiger Änderungen
in Kraft getreten. Im Rahmen dieser Harmonisierung erklärte die EU
die EMV im Mai 1989 als allgemeines Schutzziel und verabschiedete entsprechende
EU-Richtlinien, die von den einzelnen Mitgliedsstaaten in das jeweilige
nationale Recht umgesetzt werden mussten. Der Deutsche Bundestag beispielsweise
kam als Gesetzgeber dieser Verpflichtung bereits am 13.11.1992 nach und
beschloss auf Basis der definierten EU-Schutzanforderungen das erste Gesetz
für die Sicherstellung der EMV von Geräten. Das EMVG enthält
neben den allgemeinen Richtlinien auch länderspezifische Besonderheiten
und konkrete verwaltungstechnische Durchführungsbestimmungen. Technische
Details wie Grenzwerte oder Messverfahren sind aber hierin nicht zu finden.
Dafür werden europäische EMV-Normen ("EN"-Normen = European Standards)
herangezogen, deren Einhaltung nach dem aktuellen Stand des Wissens vermuten
lässt, dass die Schutzziele des EMVG nicht verletzt werden.
Seit dem 1. Januar 1996 besteht für praktisch alle Geräte
aus dem elektrischen / elektronischen Bereich in ganz Europa die gesetzliche
Pflicht zur CE-Kennzeichnung (Ausnahmen: Amateurfunkgeräte, bestimmte
Geräte zu medizinischen Zwecken und Einzelstücke für den
Labor- oder Ausstellungsbedarf). Seit diesem Zeitpunkt darf innerhalb des
Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR: EU-Mitgliedsstaaten + EFTA-Länder)
kein Produkt mehr in den Verkehr gebracht werden, das nicht der EU-Richtlinie
89/336/EWG genügt.
Das CE-Kennzeichen wird nicht vergeben, sondern es wird vom Hersteller
/ Importeur in alleiniger Verantwortung in Übereinstimmung mit allen
Schutzanforderungen angebracht. Dabei ist zu beachten, dass ein Gerät,
welches aus mehreren CE-gekennzeichneten Baugruppen besteht, nicht zwingend
CE-konform sein muss (veränderte Randbedingungen durch den Zusammenbau
/ die Verkabelung). Der Hersteller / Importeur ist verpflichtet, sein Produkt
umfangreichen Messungen und Untersuchungen zu unterziehen, deren Ergebnisse
in angemessenen Berichten festzuhalten sind. Diese Berichte sind vom Hersteller
/ Importeur aufzubewahren und auf Verlangen der Kontrollbehörde vorzuweisen.
© Panasonic Testing Centre, A. Büchner, Auszug aus www.panasonic-tc.de, Hamburg, 2003
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